Aus meiner Schreibstube

»Kein Lesen ist der Mühe Wert, wenn es nicht unterhält.«


Dieses Zitat von William Somerset Maugham gefiel mir schon, als ich Bücher nur las und noch nicht selbst begonnen hatte zu schreiben.

Heute weiß ich: Um beim Lesen unterhalten zu werden, braucht es vor allem eines: Der Text muss unterhaltsam geschrieben sein! Das ist gar nicht so schwer. Schreiben ist zu großen Teilen Handwerk, das gelernt und geübt werden kann - und muss. Die Inspiration kommt dann fast von selbst.


Immer wieder Tipps zum unterhaltsamen Schreiben, dazu Anregung und Inspiration für Ihre eigene Schreibarbeit - das dürfen Sie erwarten beim Besuch meiner Schreibstube. Mit dem richtigen Handwerkszeug wird aus Ihrer guten Idee eine noch bessere Geschichte.

Ich freue mich über Ihr Feedback!


Februar 2024

Das nächste Buch ist erschienen! Herzhitze und Schokoladentage - eine Sammlung mit romantischen Geschichten. Wieder hat die Texxtwerkstatt was Tolles auf die Beine gestellt. Und das kam so: Die meisten von uns arbeiten schon länger mit dem Ventura Verlag zusammen. Da gibt's Meeresgeschichten, Gruselgeschichten, Märchen, noch mehr Meeresgeschichten, Weihnachtsgeschichten. Aber Liebesgeschichten? Fehlanzeige. Also kam die Idee auf: Wir machen ein Buch passend zum Valentinstag. Liebesgeschichten, aber keine Schmachtfetzen.

Zugegeben, erst lief es etwas zögerlich an. Die Geschichten wollten nicht fließen. Lag's vielleicht am heißen Sommer? Doch als die ersten angefangen hatten zu schreiben und ihre Ideen bei unseren monatlichen Treffen vorstellten, da wurden die anderen sehr bald infiziert. Jetzt mussten wir nur noch unseren Verleger überreden.

Und so ist, ganz pünkltich zum Valentinstag, unser neues Buch erschienen. Wieder durfte ich lektorieren und bin Herausgeberin - es ist so toll, wenn aus den ersten noch rohen Entwürfen nach und nach eine runde, feine Geschichte wird, die den Leser in ihren Bann zieht - und die Leserin natürlich auch.

Die ersten beiden Lesungen sind auch schon geplant, noch kurz vorm Valentinstag. Und danach? Liebe ist schließlich das ganze Jahr wichtig, ich denke also, da geht noch was.

November 2023

Sie warten endlich mal wieder auf eine kreative Anregung? Ok, hier ist eine, die ich selbst bei einem Schreibworkshob der wunderbaren Maike Frie vom Lektorat SKRIVING ausprobieren durfte. Sie eignet sich vor allem, wenn Sie in einer Gruppe schreiben. Oder Sie bitten einfach Ihre Kinder, Ihren Mann, Partner, Freundin, Oma, Mutter, Schwiegervater ..., Sie zu unterstützen, das Schreiben können Sie dann ja allein übernehmen. 

Also: Sie alle kennen das alte Spiel "Stadt, Land, Fluss". Statt Städten, Ländern und Flüssen suchen wir jetzt aber alles, um beispielsweise einen Kurzkrimi zu schreiben. Also z.B.: Verbrechen, Motiv, Kommissar, Tatort, Täter. Spielen Sie ein paar Runden, sammeln Sie die Spielblätter ein und nutzen Sie die Anregungen darin für eine Geschichte. Es muss natürlich kein Krimi sein - für eine Liebesgeschichte ändern Sie halt die Überschriften. Der Spaß beim Spielen ist garantiert - und ich verspreche Ihnen: Es kommt eine Geschichte heraus, auf die Sie ohne diese Kreativübung nicht gekommen wären.

März 2023

Wir hatten eine wunderbare Lesung mit unseren Zimtsonntagen. Das ist das Tolle am Autorenberuf - einerseits verbringt man viel Zeit am Schreibtisch, andererseits lernt man so unglaublich viele verschiedene Menschen kennen. Und man kann seine Geschichten nach außen tragen. Ich jedenfalls liebe Lesungen. Egal, ob 5 Personen da sind oder 15 oder 50 - wenn ich beim Vorlesen merke: Ja, die Geschichte kommt an, meine Stimme kann die Zuhörer einfangen, sie sind ganz bei mir und meiner Geschichte, dann freut mich das riesig.

Und in der Stadtbücherei Werne ist uns das gelungen. Das Publikum war begeistert, die kleinen zimtigen Leckereien fanden reißenden Absatz, die Bücher ebenso. Und die Texxtwerkstatt? Ich glaube, die hat ein wenig Blut geleckt und möchte weiterhin Lesungen machen und Geschichten veröffentlichen.

Dezember 2022

Ist Ihnen aufgefallen, dass es hier lange keine Schreibtipps mehr gegeben hat? Das hat seinen Grund: Ich habe extrem emsig an den Zimtsonntagen gearbeitet. Dieses Buch ist jetzt endlich erschienen, noch pünktlich zu Weihnachten. Eine Herzensangelegenheit. Ehrlich. Mit diesen Geschichten haben ein paar Autorinnen und Autoren aus dem Ventura Verlage sozusagen die Pandemie aufgearbeitet. Keine Angst, es geht inhaltlich nicht um Corona. Doch schon während der Corona-Zeit haben wir uns einiges einfallen lassen. 2020 den literarischen Adventskalender, und 2021 dann jedes Wochenende eine ganz frische Geschichte auf der Seite des Ventura Verlags. Die Arbeit hat uns trotz Pandemie und Abstandgebot zusammengeschweißt - herausgekommen ist die Texxtwerkstatt Werne. Seit diesem Sommer können wir uns auch wieder treffen - und tun das regelmäßig zum Schreiben, Formulieren, Diskutieren. Die vielen Geschichten, die während der Corona-Zeit entstanden sind, wollten wir natürlich nicht im Daten-Orbit verschwinden lassen - deswegen gibt es jetzt das Buch mit 35 Kurzgeschichten von lustig bis nachdenklich. Die Zimtsonntage - die erste Veröffentlichung der Texxtwerkstatt Werne. 

Juli 2022

Eine kleine kreative Pause tut manchmal gut - nach dem Bombardement mit Schreibtipps habe ich ein wenig Luft geholt - und Sie Luft holen lassen. Sind Sie weiterhin motiviert für die zweite Jahreshälfte? Planen Sie Ihren Urlaub oder waren Sie vielleicht schon weg?

Urlaube bringen viele frische Eindrücke.

Mein Schreibtipp für den Juli: Selbst wenn Sie bisher nicht regelmäßig schreiben konnten, nehmen Sie es sich neu im Urlaub vor. Das geht auch ohne Rechner. Kaufen Sie sich ein neues Notizbuch, schreiben Sie vorn drauf: 'Urlaubstagebuch', stecken Sie es gemeinsam mit einem richtig guten schnellen Stift in Ihr Handgepäck, Ihre Handtasche, Ihre Jackentasche....und schreiben Sie drauflos, wann immer Sie ein paar Minuten Zeit haben. Vielleicht lassen Sie das Smartphone einfach mal in der Tasche, da landen Sie (ich zumindest ;-)) doch immer nur bei Facebook, Twitter, Bubble-Spielen und Co. Stattdessen nehmen Sie Ihren Stift und schreiben drauflos. Und dann lesen Sie im September Ihr Tagebuch nochmals durch - Sie werden sich wundern, wie viele Details plötzlich wieder ganz präsent sind, die Sie im täglichen Allerlei schon wieder vergessen hatten.

März 2022:

Verben III: Kreativübung

Nehmen Sie den letzten Text, den Sie selber geschrieben haben, eine kurze Szene, ein Dialog - was auch immer. Schauen Sie sich die Verben an. Finden Sie stärkere? Können Sie Hilfsverben ersetzen? Schreiben Sie den Text um und lesen Sie ihn dann nochmals. Welche Version gefällt Ihnen besser?


Verben II:

Hilfsverben, also z.B. sein, haben, sind, wie der Name schon sagt, eine Hilfskonstruktion. Manchmal braucht man sie, um grammatisch korrekt zu sein (er hat gegessen, das Kind wird getragen). Aber wir sollten sie wirklich nur dann nutzen, wenn es nicht anders geht. Versuchen Sie lieber, ein starkes Verb zu finden - oder gleich eine andere Konstruktion.

Sie war unsicher -> Sie zögerte.

Er war ein schöner Mann -> Sein Aussehen blendete sie. Er sah aus wie ein Titelmodell von 'Men's Health'.


Verben I:

Verben beschreiben, was jemand tut - in der Grundschule haben wir 'Tu-Wörter' dazu gesagt. Auch für Verben gilt: Je genauer das Verb, desto besser das Bild im Kopf des Lesers. Manche Verben sind ausdrucksschwach, andere viel stärker. Suchen Sie nach den stärksten, die Sie finden können. Und wenn Sie unsicher sind: Sprechen Sie nur das Verb. Welches Bild entsteht im Kopf? Ist es flach und  irgendwie verwaschen? Dann gibt es bestimmt was besseres.

Natürlich ist es korrekt, wenn Sie schreiben: "Er ging langsam ....". Aber wieviel lebendiger wirkt es, wenn Sie stattdessen schreiben: "Er trottete...", "Er schlich über den Asphalt....".

Diesen Trick können Sie fast immer anwenden, denn die deutsche Sprache hat zum Glück eine unglaubliche Vielfalt an Verben. Das Adverb können Sie sich dann meist sparen.

"Er lief schnell" -> "Er eilte, flitzte, sauste wie der Wind."

"Sie lag am Strand." -> "Sie räkelte sich im warmen Sand, sie döste in der Sonne, ...."


Februar 2022:

Substantive III: Kreativübung

Nehmen Sie sich irgend einen kurzen Text, vielleicht einen Zeitungsartikel oder auch einen offiziellen Text. Es reichen ein paar Zeilen. Markieren Sie zunächst die Substantive. Gibt es substantivierte Formen ('die Beantragung') oder Substantive, die eher Sammelbezeichnungen sind ('der Hund', 'das Tier')? Versuchen Sie, bessere Formulierungen zu finden, schreiben Sie den Text um, bis er Ihnen lebendig, klar und gut lesbar erscheint. 

 

Substantive II

Klar, Substantive sind nötig für einen Satz. Aber welche man auswählt, macht einen Riesenunterschied. Schon bei den Adjektiven haben wir gesehen: Je prägnanter und genauer wir etwas beschreiben, desto mehr Bilder entstehen im Kopf des Lesers - und genau das wollen wir erreichen. Also verwenden Sie möglichst genaue Substantive

'Der Hund' -> War es ein Dackel? Eine Dogge? Ein Golden Retriever? Ein Australien Shephard?

Insekten gibt es viele - aber wie unterschiedlich sind unsere Reaktionen auf Hummeln, Bienen, Wespen, Mücken, Libellen, etc.


Substantive I

Substantive schreibt man groß, das haben wir schon in der Schule gelernt. Hauptwörter heißen sie im Deutschen. Also sind sie irgendwie wohl ganz besonders wichtig.

Ja ... einerseits schon. Andererseits wirken viele Substantive sperrig und wenig ansprechend. Die negativsten Beispiele dafür finden sich im Behördendeutsch, in dem es von Substantiven nur so wimmelt. Dabei wäre eine aktive Formulierung mit Verben und ohne aufgebauschte Substantive oft viel ansprechender, verständlicher und auch noch leichter lesbar.

Hier ein Beispiel - was meinen Sie? Welcher Text ist besser lesbar und verständlich? 

 'Um die Reibungslosigkeit des Eingsteigevorgangs zu gewährleisten ....' -> 'Um das Einsteigen zu erleichtern….'


Januar 2022:

Adjektive III: Kreativübung

Nehmen Sie sich irgendeine Szene und beschreiben Sie sie. Das kann ein Waldspaziergang sein, Kinder auf einem Kinderspielplatz, eine Blumenwiese oder einfach nur der Blick aus Ihrem Fenster. Schreiben Sie einfach, was Sie sehen.

Dann nehmen Sie sich den Text vor und markieren alle Adjektive. Versuchen Sie, möglichst viele Adjektive durch Umschreibungen oder genauere Substantive (Hauptwörter) zu ersetzen. Vielleicht kann man einige auch ganz streichen, indem man eine Erläuterung einfügt? 

 

Adjektive II:

Je detaillierter und prägnanter eine Beschreibung ist, desto besser regt sie unsere Fantasie an. Ein schwarzer Vogel - das kann so einiges sein. Aber eine Amsel ist eine Amsel ist eine Amsel ... und keine Krähe!

Meine Tipps:

  • Verwenden Sie Adjektive sparsam, bauen Sie lieber das Bild im Kopf der Leserinnen und Leser
    ein lautes Geräusch: ein Knall wie ein Gewehrschuss, ein Donnerschlag
  • Wenn Sie Adjektive nutzen (müssen), dann so konkret und plastisch wie möglich. Und überlegen Sie nochmals: Gibt nicht vielleicht doch eine gute Umschreibung?
    großer Mann: hochgewachsener Mann. Noch besser: ein Hüne, ein Riese
    angenehmer Duft: blumiger Duft, betörender Duft, Veilchenduft, Rosenduft, ein Duft wie ein Strauß Hyazinthen


Adjektive I:

Adjektive nannten wir in der Grundschule 'Wie-Wörter'. Sehr passend, denn sie beschreiben ja, WIE etwas ist. Groß, klein, dick, dünn, blau, bunt, griesgrämig, sensibel, funkelnd, düster ... Adjektive begleiten unsere Sprache immer und überall. Also die universellen Helfer, um eine Geschichte bunt zu machen?

Leider nicht. Im Gegenteil. Adjektive geben weniger Farbe, als man zunächst denkt. Das können Sie sich nicht vorstellen? Dann lesen Sie einfach mal diese beiden Sätze.

  • Drei Adjektive: »Blaue Blumen standen neben der grünen Wiese, auf der ein schwarzer Vogel herumlief.«
  • Ohne Adjektiv: »Rittersporn säumte die Rasenfläche, auf der eine Amsel nach Würmern suchte.«

Welcher Text spricht Sie mehr an? 


2022 - Ein neues, kreatives Jahr liegt vor uns!

Sind Sie genauso motiviert wie ich für neue Texte? Dann möchte ich Sie gern mit neuen Tipps und Ideen begleiten. In den ersten drei Monaten widmen wir uns dem großen ABC des Schreibens, nämlich den einzelnen Wortarten, aus denen sich jeder Text nun mal zusammensetzt. Den Adjektiven, den Verben, den Substantiven. Also, eigentlich ist es eher ein AVS als ein ABC ;-). 

Keine Angst, es geht dabei nicht um Grammatik - und sollten ein paar Fachbegriffe vorkommen, so werde ich die erklären.


Dezember 2021: Kreativübung 'Postkartengeschichte' - auch eine Geschenkidee!

Jetzt schreiben Sie Morgen- (oder Abend-)Seiten, machen kreative Übungen, und vielleicht ist auch schon die erste richtige Geschichte darunter, mit Anfang, Mittelteil und Schluss. Allmählich fragen Sie sich: Wer soll das denn jemals lesen?

Warum verschenken Sie nicht einfach eine Geschichte zu Weihnachten, um sie zu 'veröffentlichen'?


Hier meine Idee: Mit Sicherheit haben Sie in Ihrem Bekanntenkreis den einen oder die andere, der sich für Geschichten interessiert. Überlegen Sie sich ein Thema, das Ihnen und Ihrem Bekannten, Ihrer Freundin, Ihrer »Zielgruppe« also, am Herzen liegt. Jetzt schreiben Sie zu diesem Thema eine kleine Geschichte. Feilen Sie so lange daran herum, bis der Text kurz und knackig ist, aber immer noch Ihr Thema als Kernaussage enthält. 

Und dann: Schreiben Sie ihn auf eine Postkarte, in einen Brief, vielleicht sogar handschriftlich mit Füller, und verschicken ihn mit der Post als Weihnachtsgruß. Wetten, die positive Resonanz ist Ihnen sicher?


Sie möchten gern ein Beispiel lesen? Voilà!


Beispiel Postkartengeschichte:

Kernaussage: »Es war wunderbar nach Hause zu kommen, aber leben konnte man hier nicht mehr.«

(Für mein Beispiel habe ich den ersten Satz einer Erzählung von W. Somerset Maugham als Thema genutzt.)

Text I:

Jimmy blickte über den nebligen Londoner Hafen. Außer ihm stand kaum ein Mensch an Deck, als die Aurora festmachte. Und die wenigen, die sich trauten, hatten sich tief in ihre Mäntel verkrochen, die Hüte fest ins Gesicht gezogen. Fast kein Licht war zu sehen an diesem trüben Novembertag. Wie Schatten huschten ein paar Menschen über den Kai. Nebelschwaden zogen über die Themse, eine diesige Glocke, die alles mit Feuchtigkeit überzog und die alle Geräusche verschluckte.

London! England! Diese Art Nebel hatte er völlig vergessen in den vergangenen Jahren. Vor gerade mal 17 Tagen hatte die Aurora in Kalkutta abgelegt. In einer anderen Welt. In einer Welt voller Licht und Wärme. In einer Welt der Farben und der Töne. Die Kakophonie der Vögel im Dschungel, die leuchtenden Saris der Frauen, die tiefgrünen Hänge des Chembra Peak.

Das Licht Indiens – wie er es geliebt hatte vom ersten Augenblick. Keine nebligen Schatten, stattdessen eine Klarheit, die manchmal schmerzte, doch ohne die er niemals wieder leben wollte.

Text II:

Sophie atmet tief ein, nimmt diesen vertrauten Geruch auf, Kernseife und Lavendel, dazwischen die verführerischen Düfte des sonntäglichen Mittagessens. Wie ein paar alte bequeme Pantoffeln, denkt sie. Man schlüpft hinein und fühlt sich wohl.

Buchstabensuppe - Rinderbraten mit dicker Sauce – Apfelstrudel mit Vanilleeis.

Genau wie früher.

»Kind, iss doch noch, du bist viel zu dünn.« – »Trägst du tatsächlich am Sonntag Make-Up?« – »Wann heiratet ihr denn endlich?«

Genau wie früher.

Plötzlich drücken die alten Pantoffeln – an Stellen, an denen sie es gar nicht erwartet hat.




November 2021: Show, don't tell!

Das ist - wie ich finde - einer der wichtigsten Tipps für eine gutgeschriebene Geschichte. Und einer, der Ihnen schon nach kürzester Zeit völlig in Fleisch und Blut (oder eher in Hand und Finger) übergegangen sein wird.

Zeigen, nicht erzählen! So könnte man diese Regel übersetzen. Das heißt nichts anderes als: Statt einen Zustand einfach nur zu benennen, malen Sie mit Worten ein eindringliches Bild für Ihren Leser, eine Szene, in der das Gefühl oder die Stimmung deutlich wird.


Ok, da muss ein Beispiel her (übrigens auch nichts anderes als die Umsetzung der Show, don't tell-Regel):

Ihre Hauptperson hat die Nacht durchgefeiert, ein oder zwei Rotwein zuviel erwischt und schleppt sich mühsam ins Büro. Jetzt sitzt sie da an ihrem Schreibtisch.

Sie können schreiben: »Sie saß müde an ihrem Schreibtisch.«

Absolut korrekt. Sie ist ja müde nach der durchzechten Nacht. Dennoch fehlt etwas - das Bild für den Leser.

Sie könnten nämlich auch schreiben: »Sie gähnte ununterbrochen, immer wieder fielen ihr die Lider zu, langsam sank ihr Kopf auf die Schreibtischplatte.«

Und? Ist etwas passiert in Ihrem Kopf, als Sie die zweite Version gelesen haben? Haben Sie die Person am Schreibtisch sitzen sehen?

Genau das will »show, don't tell« erreichen!


Übrigens: Aus dieser Regel ergibt sich fast zwangsläufig, dass Adjektive gar nicht so wichtig sind in guten Stories, wie man meinen könnte. Aber dazu später mehr.



Oktober 2021: Anregungen finden

Endlich soll es eine richtige Geschichte sein - aber worüber schreibe ich bloß? Hier ein paar Anregungen:

  • Setzen Sie sich für eine Stunde in ein Café und betrachten Sie die Menschen. Wer ist wohl der Anzugträger dort vorn? Ein Banker? Oder ein unsicherer Student auf dem Weg zum ersten Vorstellungsgespräch?
  • Lesen Sie aufmerksam die Tageszeitung - vielleicht mal die 'Bunte Seite'. Die eine oder andere kuriose Meldung regt mit Sicherheit Ihre Fantasie an.
  • Nehmen Sie einfach eine beliebige Kombination von Wörtern, um die Sie eine Geschichte bauen. Wörter finden Sie per 'Fingerstechen' im Wörterbuch, mit StoryCubes (Geschichtenwürfel, gibt's auch per App) oder über zufällige Wortgeneratoren im Internet (z.B. Textfixer.de)


September 2021: Planen oder 'Drauf-los-Schreiben'?

  • Vermutlich haben einige nach meinem letzten Schreibtipp gedacht: Ich will nicht planen, ich will kreativ schreiben! Verständlich. Wenn Ihre Idee schon gut ausgereift in Ihrem Kopf steckt, die Szene klar vor Augen steht, dann gibt es tatsächlich nur eines: Schreiben Sie los! Aber es ist ein wenig wie beim Kochen: Auch wenn Sie kein Rezept benötigen - bevor das Essen die Küche verlässt, sollte auf jeden Fall abgeschmeckt werden!
    Und: Je mehr Material Sie verarbeiten wollen, desto wichtiger ist die Struktur. Ein Roman erfordert naturgemäß mehr Planung als eine Geschichte von wenigen Seiten. Ob man diese Planung vorab macht oder während des Schreibprozesses, ist Geschmacksache. Manche Schriftsteller schreiben ihre Texte (selbst ganze Romane) gleich mehrfach, bis alles passt - andere planen minutiös Szene für Szene, ehe sie sich an den Text setzen.
    Bei mir sind es meist drei Schritte bis zur fertigen (Kurz-)Geschichte: Grob den Handlungsablauf in Stichworten skizzieren -> Text schreiben -> Text überarbeiten. 
  • Ein wenig Struktur kann nicht schaden! Morgen- oder Abendseiten können (und sollen) Sie einfach herunterschreiben, ohne Planung, ganz ohne 'inneren Zensor', der immer gleich wieder streichen will. Und oft ist das auch die beste Taktik, um eine Szene erst mal auf's Papier zu bringen - zum Verbessern ist später immer noch Zeit.
    Aber: Jeder Text braucht eine gewisse Struktur, einen Aufbau, eine Logik, damit man den Leser mitzieht durch die Geschichte, durch Irrungen und Wirrungen der Hauptpersonen, bis hin zum allerletzten Buchstaben.  Das gilt nicht nur für Sach- und Fachtexte, bei denen man die Struktur schon am Inhaltsverzeichnis ablesen kann. Selbst das verrückteste Roadmovie hat einen Anfang, vermutlich ein paar  Wendepunkte, einen Höhepunkt und einen Schluss. Wenn ich schreibe, nehme ich meine Leser mit auf eine Tour durch diese abwechslungsreiche Geschichtenlandschaft - die Struktur des Textes, der sogenannte Plot, ist dabei mein Kompass, meine Landkarte! Ein gut aufgebauter Plot hilft dem Leser, mir zu folgen.


August 2021: Mit dem Schreiben beginnen

  • Jetzt versuchen Sie seit Tagen, Morgen- oder Abendseiten zu schreiben - und Ihnen fällt nichts ein? Nehmen Sie sich doch mal einen der unten genannten Begriffe, rollen Sie ihn ein paar Minuten im Kopf hin und her, beleuchten Sie ihn von allen Seiten, bis er sich ordentlich in Ihrem Gehirn festgesetzt hat. Dann nehmen Sie einen Stift und beginnen zu schreiben, mindestens 5 Minuten lang, ohne abzusetzen. Ich wette, Ihr Papier bleibt nicht leer. Übrigens, 7 Begriffe - 7 Tage: Für die nächste Woche sind Ihre Morgen- oder Abendseiten gesichert, oder?
    Sonnenschirm  - Loch - Nebel - Yacht - Greis - Clown - Markt
  • Nur durch Schreiben lernt man schreiben! Also ein Schreibheft und einen guten Stift zurechtlegen - oder den Computer starten - und einfach anfangen. Am besten regelmäßig. Dabei geht es nicht um literarische Exzellenz, sondern einfach darum, ins Schreiben zu kommen. Eine Möglichkeit: Morning Pages - eine Idee der Creative-Writing-Trainerin Julia Cameron. Eine bestimmte Menge Text gleich am frühen Morgen zu Papier bringen, noch vor dem Lesen der Zeitung oder dem ersten Blick auf's Smartphone. Irgend etwas, was einem gerade durch den Kopf geht. Ich habe die Morning Pages für mich abgewandelt zu Abendseiten - morgens will mein Gehirn einfach noch nicht. Ganz wichtig: Diese Seiten muss man niemandem zeigen - die Fingerübungen eines Pianisten werden ja auch nicht beim Konzert vorgeführt. 
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